„Als die ersten Meldungen aus den Alpenregionen zum Coronavirus kamen, habe ich – wie viele andere auch – gedacht, dass es sich dabei um eine Grippe handelt. Das hat sich geändert, als es dann zunehmend Fälle im näheren Umfeld gab und Menschen in Quarantäne mussten. Und spätestens Ende März haben wir den Ernst der Lage auch im Unternehmen zu spüren bekommen. Ich würde die Situation damals als brachial und radikal beschreiben, schließlich ist nahezu unsere gesamte Produktion im Automobilbereich zum Erliegen gekommen und Lieferketten waren komplett unterbrochen.
Das hat sogar dazu geführt, dass zwei voll beladene Lkw wieder umkehren und wir die Ladung runternehmen mussten. Innerhalb von sieben bis zehn Tagen sind damals 70 bis 80 Prozent unserer Produktion weggebrochen, es gab fast einen kompletten Stillstand. Allerdings bin ich da noch fest davon ausgegangen, dass die Sache in zwei, maximal drei Wochen – bis nach Ostern – vorbei ist. Diese paar Wochen konnten wir insofern kompensieren, da viele der Mitarbeiter ihre Überstunden abgebaut oder Urlaub genommen haben. Als dieser Zeitpunkt immer weiter nach hinten verschoben wurde, hat sich bei uns langsam Resignation eingestellt. Vorsorglich haben wir uns aber frühzeitig um KfW-Mittel bemüht, um finanzielle Reserven zu haben, wenn Kunden nur zögerlich oder gar nicht bezahlen. Von diesem KfW-Kredit wurde bislang etwa ein Drittel abgerufen.
Für die Monate April und Mai haben wir vor allem für die Mitarbeiter im Automobilbereich Kurzarbeit beantragt, die im Schnitt bei 50 Prozent lag. Selbstverständlich war es für uns als Unternehmen wichtig, hier sozial verträgliche Lösungen zu finden und das Kurzarbeitergeld gegebenenfalls aufzustocken. Das Arbeiten im Homeoffice gab es bei uns für viele Angestellte bereits vorher, für die anderen wurden die Zugänge schnell eingerichtet. Das klappt gut, wobei oft Probleme aufgrund der schlechten Internetverbindung bei uns im Harz auftreten. Außerdem sind unsere Hygienestandards und Abstandsregelungen vorbildlich. Nur ein Corona-Fall – die Ansteckung ist hier extern erfolgt – bei rund 400 Mitarbeitern unterstreicht das.
Wegen dieser Maßnahmen ist eine normale Produktion bei uns aber nicht mehr möglich. Wir verlieren pro Tag rund zwei Stunden an Arbeitszeit und die Produktionskosten sind um circa zehn Prozent gestiegen. Das führt zu einem Effizienzverlust von 15 Prozent. Dazu kommen deutlich längere Lieferzeiten, die selbst zwischen Deutschland und Österreich momentan nicht zwei, sondern sieben Tage betragen.
Das können wir nur dann kompensieren, wenn die gesamte Wirtschaft im zweiten Halbjahr 2020 wieder einigermaßen normal anläuft. Ist das so, wird es für uns sozusagen ein Streichjahr und wir kommen mit einem blauen Auge davon. Ich habe aber die große Sorge, dass es in der Urlaubszeit, also im Juli und im August, bei unseren Kunden Werksschließungen gibt. Gedanken mache ich mir auch über den erheblichen bürokratischen Aufwand wegen Corona und die Zahlungsmoral vieler Kunden. Da erreichen uns derzeit oft Anfragen zu Ratenzahlungen und ob es nicht möglich sei, Zahlungsziele auf 90 Tage auszuweiten. Das ist problematisch.“
Entwicklungs- und Fertigungskompetenz an drei Standorten
Die KKT Holding GmbH mit Hauptsitz im niedersächsischen Osterode beschäftigt an drei Standorten in Deutschland rund 400 Mitarbeiter. Das 1932 gegründete Unternehmen, das seit 2002 vom geschäftsführenden Gesellschafter Dr. Sven Vogt geleitet wird, ist weltweit als Zulieferer für die Automobilindustrie aktiv und fungiert als Spezialist für die Produktion von Teilen für die Luft- und Raumfahrttechnik sowie die Medizintechnik.